Die Einholung von Angeboten mit anschließender Beauftragung von Handwerkern und Bauunternehmen bereitet vielfach Sorgen. Allgemein bekannt ist, dass der angebotene Preis am Ende oft deutlich überschritten wird. Woran liegt das und was kann man dagegen tun?
Bauunternehmer wissen, dass Bauherren die Auftragsvergabe oft ausschließlich vom Angebotspreis abhängig machen. Damit ist der Betrag gemeint, der am Ende des Angebotes ausgewiesen ist. Je nach Wissensstand des Bauherrn wird er die Leistungsbeschreibung des Angebotes nur eingeschränkt oder gar nicht zur Kenntnis nehmen. Vielmehr geht er davon aus, dass das Angebot alle erforderlichen Leistungen beinhaltet. Diese Erwartungshaltung wird nicht selten enttäuscht.
Zum besseren Verständnis, eine kurze Darstellung einiger für Bauleistungen üblichen Vergütungsarten:
Entgegen landläufiger Ansicht handelt es sich bei dem EP um die Standardvergütung. Der Unternehmer bietet eine bestimmte Leistung zu einem Preis pro Einheit an. Gegenstand der Vereinbarung ist die beschriebene Leistung und der EP, nicht jedoch die geschätzte Menge (auch Massen genannt) oder der Positionspreis.
Wand einfach streichen (25 € je qm) x 40 =1.000 €
Stellt sich später heraus, dass nicht 40 qm, sondern 50 qm zu streichen waren, erhöht sich der Positionspreis entsprechend.
Der Pauschalpreis wird häufig mit dem EP verwechselt, weil der Bauherr glaubt, er würde exakt den am Ende des Angebotes ausgewiesenen Betrag schulden. Das ist jedoch nur dann der Fall, wenn die Parteien sich darauf geeinigt haben, dass die gesamte Leistung, unabhängig von Massenänderungen, zu einem festen Preis erbracht wird.
Fußleisten abnehmen und wieder anbringen (pauschal) 100 €
Selbstverständlich kann man auch eine zunächst auf EP-Basis angebotene Leistung einvernehmlich auf einen Pauschalpreis umstellen. Im Streitfall muss der Bauherr im Einzelnen vortragen, wann, wie und unter welchen Umständen man sich auf welche Pauschale geeinigt hat. Der Unternehmer muss dann beweisen, dass kein Pauschalpreis vereinbart wurde
Leistungen im Stundenlohn werden angeboten, wenn der Aufwand schwer vorhersehbar ist und somit EP oder Pauschalpreise nicht zuverlässig kalkuliert werden können.
Manche Angebote enthalten einen Schätzwert für die aufzuwendenden Stunden. Dieser ist allerdings regelmäßig unverbindlich. Im vorstehenden Beispiel wird kein Positionspreis genannt, weil es sich um eine so genannte Bedarfsposition handelt, die nicht in jedem Fall notwendig wird.
etwaige Putzschäden nach Entfernung der vorhandenen Tapete ausbessern
(je Stunde) 40 €
Der Bauherr sollte dem Stundenlohnvertrag mit gesundem Misstrauen begegnen, weil er dazu verleiten kann, nicht zügig zu arbeiten. Daher ist es wichtig, dass Stundenlohnarbeiten überwacht werden. Zu beachten ist, dass der Bauherr die aufgeführte Stundenzahl anerkennt, wenn er den Stundenlohnzettel unterzeichnet. Lediglich deren Erforderlichkeit kann danach noch in Abrede gestellt werden.
Auch für die zum Teil erheblichen Differenzen zwischen Angebotspreis und Rechnungsendbetrag gibt es verschiedene Ursachen. Einige Beispiele:
1. Die Mengen erhöhen sich gegenüber dem Angebot
Beim EP-Vertrag kommt es darauf an, im welchem Umfang eine vereinbarte Leistung erbracht wurde. Weichen die tatsächlichen Mengen von dem für das Angebot geschätzten Wert ab, kann dies zu einer erheblichen Kostensteigerung führen. Der umgekehrte Fall, nämlich dass tatsächlich geringere Mengen verwendet werden, ist selten. In der Praxis soll es durchaus vorkommen, dass die Mengen im Angebot bewusst gering angesetzt werden, um über einen niedrigen Angebotspreis den Auftrag zu erhalten.
2. Zusätzliche oder geänderte Leistungen sind erforderlich
Bei Bauleistungen keineswegs ungewöhnlich ist, dass man bei Angebotsabgabe noch nicht alle relevanten Umstände kennt, sodass es bei der Ausführung notwendig wird, vom Angebot abzuweichen. So kann sich zum Beispiel beim Einbau neuer Duscharmaturen zeigen, dass die Leitungen in der Wand marode sind und ersetzt werden müssen.
Immer wieder kommt es jedoch vor, dass Positionen, die nach Erfahrung des Unternehmers regelmäßig erforderlich sind, im Angebot fehlen und nachträglich angeboten werden. Dagegen kann sich der Bauherr kaum wehren, denn er vertraut seinem Vertragspartner und möchte Verzögerungen vermeiden.
Gerne werden auch Kosten in den bereits erwähnten Bedarfspositionen versteckt. Diese werden bei der Addition der Positionspreise zum Angebotspreis nicht berücksichtigt. Das ist solange nicht zu beanstanden, als es sich um eine echte Bedarfsposition handelt. Voraussetzung ist, dass tatsächlich offen ist, ob diese Position benötigt wird. Ist dagegen bei Angebotsabgabe mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Position anfällt, sollte dies transparent gemacht werden.
3. Stundenlohnarbeiten
Da Stundenlohnarbeiten oft zwar im Angebot enthalten sind, aber beim Angebotspreis nicht berücksichtigt werden, erhöhen diese den Rechnungsbetrag manchmal unerwartet.
4. Nebenkosten, Azubis
An- und Abfahrtpauschalen können die Kosten treiben, vor allem wenn wiederholt nicht ganztägig, sondern immer nur wenige Stunden, gearbeitet wird. Auch wird gelegentlich versucht, Stundenlohn für anwesende Auszubildende des Unternehmers zu berechnen. Das kann gerechtfertigt sein, wenn der Azubi erforderliche Arbeiten erledigt. Steht er hingegen nur dabei, lernt und reicht allenfalls mal ein Werkzeug an, ist es nicht Sache des Bauherrn, dafür finanziell aufzukommen.
In der letzten Ausgabe beschäftigten wir uns mit Vergütungsarten und möglichen Gründen für eine Abweichung der tatsächlich berechneten Kosten gegenüber den Preisen im Angebot. Nun erläutern wir Strategien, die in Teil 1 beispielhaft dargestellten Kostenerhöhungen zu vermeiden.
Um zunächst eines klarzustellen: Ein Bauvertrag ist kein Kaufvertrag, bei dem das Endprodukt bereits bei Vertragsschluss vorhanden ist, also bis ins letzte Detail beschrieben werden kann. Ein Bauvertrag beinhaltet den planerischen Aspekt, der es mit sich bringt, dass die Leistung bei Vertragsschluss nicht bis auf die zweite Nachkommastelle genau definiert wird. Das wäre zwar grundsätzlich möglich, allerdings so aufwendig, dass die damit verbundenen Zusatzkos{ten außer Verhältnis zum Nutzen stünden.
Da auf viele Angebote kein Auftrag folgt, muss der Unternehmer die Kosten für die Kalkulation überschaubar halten – etwa durch eine gewisse Oberflächlichkeit bei der Ermittlung der erforderlichen Mengen. Wer einigermaßen sicher gehen will, kann die Mengenermittlung selbst in Auftrag geben, z. B. bei einem Architekten oder einem Bauingenieur. Die hierdurch entstehenden Kosten trägt allerdings der Bauherr selbst.
Fehlerhafte Mengenschätzungen führen übrigens keineswegs regelmäßig zu einem Schaden. Es ist dann die Frage zu stellen, wie sich der Bauherr verhalten hätte, wenn er die korrekten Mengen vor Abschluss des Vertrages gekannt hätte. Hätte er dennoch den Vertrag geschlossen, steht er durch den Fehler des Unternehmers nicht schlechter als ohne diesen. Nur dann, wenn beispielsweise die Unwirtschaftlichkeit einer Baumaßnahme durch die falsche Mengenschätzung verdeckt wurde, kommt ein Schadensersatzanspruch gegen den Unternehmer in Betracht, der allerdings dessen schuldhaftes Verhalten voraussetzt. Mengenabweichungen von bis zu 10 Prozent sind in der Baubranche üblich.
Um die böse Überraschung mengenbedingter Mehrkosten zumindest zu reduzieren, sind folgende Strategien sinnvoll:
Mehrere Angebote einholen und die Unternehmer unabhängig voneinander die Mengen schätzen lassen. Liegen die Schätzungen nah beieinander, spricht einiges dafür, dass die Werte realistisch sind.
Liegen die Werte deutlich auseinander, gezielt nachfragen: Wie wurden die Werte ermittelt? Wie zuverlässig ist die Schätzung? Anhand der Antworten kann man oft erkennen, wer sich Mühe gegeben hat und wer nicht.
Bevor man sich zu intensiv mit dem Thema beschäftigt, sollte man kurz überschlagen, welche wirtschaftliche Bedeutung die Mengenabweichung für die Gesamtleistung hat. Geht es um Größenordnungen von 1 oder 2 Prozent der Gesamtleistung, lohnt der Aufwand meist nicht, weil weitere Variablen den erzielbaren Vorteil oft neutralisieren.
Nicht zu vergessen sind übrige Faktoren wie Einheitspreise. Diese sind wichtiger als die geschätzten Mengen, weil sich hier später der tatsächliche Preisunterschied festmacht.
Übersteigen die abgerechneten Mengen die angebotenen deutlich, sollte man sich diese nachweisen lassen, z. B. durch ein gemeinsames Aufmaß. Hierbei werden die Mengen durch Messung oder Zählung vor Ort durch die Vertragsparteien gemeinsam ermittelt. Sofern die Leistung nicht mehr sichtbar ist – z. B. hinter der Wand verborgene Leitungen – kann man vom Auftragnehmer eine Skizze und eine Berechnung der erbrachten Arbeiten verlangen. Ihm obliegt es nämlich, die Leistungserbringung nachzuweisen.
Empfehlenswert ist, die Ausführung im Auge zu behalten, zumindest stichpunktartige Kontrollen durchzuführen – entweder persönlich oder durch einen Bauleiter. Bauteile, die später verschlossen werden, sollten möglichst nach Fertigstellung fotografiert werden, um den Zustand zu dokumentieren. Wehrt sich der Unternehmer gegen eine Fotodokumentation, sollte dies misstrauisch stimmen.
Es ist zu unterscheiden zwischen Leistungsänderungen bzw. Zusatzleistungen, die tatsächlich erforderlich sind, aber bei Angebotserstellung nicht aufgeführt waren und jenen, die objektiv überflüssig sind. Der zweite Fall ist einfacher zu lösen: Eine weder vereinbarte noch erforderliche Leistung muss nicht vergütet werden. Der Unternehmer muss sie auf Verlangen wieder entfernen und den vereinbarten Zustand herstellen, ohne eine zusätzliche Vergütung fordern zu können. Nicht immer ist es allerdings offensichtlich, ob eine Leistung erforderlich war oder nicht. Bei Zweifeln sollte man den Unternehmer – möglichst vor Zeugen – um Erklärung bitten. Verbleiben danach begründete Zweifel, kann es helfen, die Handwerkskammer um eine Schlichtung zu bitten.
Alternativ erteilen Sachverständige Auskunft, wobei deren Inanspruchnahme erst ab einer gewissen Größenordnung des streitigen Betrags ratsam ist, da sonst die Sachverständigenkosten den Streitwert schnell übersteigen. Die Untergrenze kann man bei etwa 500 Euro ansetzen. Sofern man sich überwiegend sicher ist, dass die Zusatzleistung für die Vertragserfüllung entbehrlich war, kann man es darauf ankommen lassen, sich vom Auftragnehmer verklagen zu lassen.
Schwieriger ist hingegen die Situation einer im Angebot „vergessenen“, jedoch erforderlichen Position. Sofern nicht ausnahmsweise ein Pauschalpreisvertrag geschlossen wurde, hat der Bauherr keinen Anspruch darauf, dass die zusätzliche Leistung unentgeltlich erbracht wird. Allerdings haftet der Unternehmer auf Schadensersatz, sofern das unvollständige Angebot auf Fahrlässigkeit beruht und die Leistung für den Bauherrn bei vollständigem Angebot woanders günstiger gewesen wäre. In Ausnahmefällen, nämlich wenn die Mehrkosten dazu führen, dass die Gesamtmaßnahme nicht mehr wirtschaftlich nutzbar wäre, kann der Schadensersatzanspruch auch dazu führen, dass der Unternehmer die bis dahin erbrachte Leistung zurückbauen muss und keine Vergütung erhält. In vielen Fällen wird man aber letztlich keinen spürbaren Schaden haben, da die erforderliche Zusatzleistung bei jedem Unternehmer angefallen wäre.
Die erforderlichen Stunden sind oft schwer zu kalkulieren. Daher sollte man sich auf Stundenlöhne nur bei überschaubaren Leistungen (z. B. wenn die reine Arbeitsleistung im Mittelpunkt steht wie bei einer Montage) einlassen. Wann immer es möglich ist, sollten Einheitspreise bevorzugt werden, weil diese die tatsächlich entstehenden Kosten besser erkennen lassen.
Sofern Stundenlohnarbeiten unvermeidlich sind, ist es wichtig, die Ausführung regelmäßig mindestens stichprobenartig zu kontrollieren. Stundenlohnzettel müssen nur unterzeichnet werden, wenn der Bauherr die darin enthaltenen Angaben nachvollziehen kann. Mit der Unterschrift erkennt man nämlich den Umfang der geleisteten Arbeiten an und kann sich später allenfalls darauf berufen, diese seien nicht erforderlich gewesen. Soweit die Angaben nicht plausibel sind, sollte ein entsprechender Vorbehalt auf dem Stundenzettel formuliert werden, z. B. „30 Minuten Mittagspause gemacht“ oder „zwei Mitarbeiter waren eine Stunde lang nicht auf der Baustelle“.
Auf keinen Fall sollte etwas bestätigt werden, was Bauherr oder Bauleiter nicht aus eigener Anschauung wissen. Von einem Anerkenntnis, auch wenn es im guten Glauben gegeben wurde, kommt man nur schwer wieder los.
Bei Bedarfs- und Eventualpositionen ist Vorsicht geboten. Gerne werden sie benutzt, um den Angebotspreis zu schmälern, ohne später auf den Umsatz verzichten zu müssen. Bedarfs- und Eventualpositionen sollte man sich vor Vertragsschluss erläutern lassen. Wichtig ist, zu verstehen, unter welchen Bedingungen diese Positionen anfallen können. Positionen, die fast immer erforderlich sind, sollten nicht als Bedarfs- oder Eventualpositionen aus dem Angebotspreis herausgerechnet werden. Das gilt auch für Stundenlohnarbeiten, die als Eventualpositionen angeführt werden. Seriös ist es dagegen, einige Stunden für unvorhergesehene Tätigkeiten in den Angebotspreis einzubeziehen.
Es ist weder unzulässig noch ungewöhnlich, sich als Unternehmer Nebenkosten(Fahrtkosten, Baustelleneinrichtung usw.) vergüten zu lassen. Zu beachten ist, dass eine Vergütung eine entsprechende Vereinbarung voraussetzt. Daher sollte das Angebot auf derartige Positionen untersucht und gegebenenfalls darüber verhandelt werden. Tauchen die Nebenkosten erstmalig in der Rechnung auf, spricht viel dafür, dass sie mangels Vereinbarung nicht gezahlt werden müssen. Auch ist zu prüfen, ob die abgerechneten Nebenleistungen tatsächlich angefallen sind und erforderlich waren. Wenn zum Beispiel Handwerker Werkzeug im Betrieb vergessen haben und zusätzlich noch mal dorthin fahren müssen, um es zu holen, können dafür weder Fahrtkosten noch Stundenlohn berechnet werden.
Auch wichtig: Wird einem Verbraucher eine Leistung gegen einen bestimmten Betrag angeboten, so beinhaltet dieser Betrag die Umsatzsteuer, es sei denn, aus dem Angebot geht deutlich hervor, dass die Umsatzsteuer hinzu kommt.
Die genannten Strategien sollten mit Augenmaß eingesetzt werden. Bedenken Sie, dass jede Angebotserstellung Kosten verursacht, die letztlich auf die zu erbringenden Leistungen umgelegt werden müssen. Die Anzahl der eingeholten Angebote sollte also in einem vernünftigen Verhältnis zum Wert der Leistung stehen. Auf der anderen Seite muss man sich auch nicht alles gefallen lassen. Wer wirklich den Eindruck hat, „abgezockt“ worden zu sein, kann sich etwa bei der Verbraucherzentrale, der Handwerkskammer, einem Anwalt oder bei den Landesverbänden des Verbands Wohneigentum beraten lassen.
Dr. Michael Sattler, LL. M.
Rechtsanwalt,
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht,
Bochum