Der Verband Wohneigentum e.V., der bundesweit aktiv und föderal strukturiert ist, hat seine ersten Wurzeln vor über 70 Jahren in der sächsischen Provinz geschlagen. Er gehört zu den Selbsthilfebewegungen, die sich Anfang des 20. Jahrhunderts aufgrund der wirtschaftlichen Notlage zusammenschlossen.
Unter dem Namen „Freie Arbeitsgemeinschaft für Kriegersiedlungen e.V. Sitz Dresden“ bot er ab 1919 den bereits bestehenden Siedlergemeinschaften Beratung an und unterstützte diejenigen, die an Siedlerstellen interessiert waren, bei der Bildung von Genossenschaften. Damit sollten die gesetzlichen Möglichkeiten der Weimarer Zeit ausgeschöpft werden. Um die Wohnungsnot nach dem ersten Weltkrieg zu lindern, hatte der Reichstag unter anderem die Verordnung über das Erbbaurecht (1919), das Reichssiedlungsgesetz (1919) und das Reichsheimstättengesetz (1920) erlassen. Mit der Dritten Notverordnung reagierte man 1931 auf die Notlagen nach der Weltwirtschaftskrise und schuf die Grundlage für die „vorstädtische Kleinsiedlung“. Die Anwärter auf diese Kleinsiedlerstellen mussten bestimmte Auflagen erfüllen, vor allen Dingen war das Land zur Selbstversorgung gedacht: Anbau von Obst und Gemüse und Kleintierhaltung waren Pflicht. Hierbei benötigten die betroffenen Siedler Unterstützung beim Hausbau in Gruppenselbsthilfe und fachliche Beratung bei der Bewirtschaftung der Gärten. Typisch für die damalige Zeit entstanden Siedlergemeinschaften als Selbsthilfevereine.
Der erste organisatorische Zusammenschluss „Freie Arbeitsgemeinschaft für Kriegersiedlungen e.V. Sitz Dresden“ war bereits hier und da über die eigene Region hinaus aktiv, so zum Beispiel in Schleswig-Holstein. Bis zur Gründung des Deutschen Siedlerbunds e.V. (mit Sitz in Berlin) 1935 , durchlief der Verein verschiedene Stationen, unter anderem als „Allgemeiner Sächsischer Siedlerverband e.V. Dresden“ (1923) und „Deutscher Siedlerbund e.V. Sitz Dresden“ (1933/1935). Erst von Berlin aus wurde die Arbeit systematisch auf ganz Deutschland ausgeweitet. Der Deutsche Siedlerbund wurde durch das Reichsarbeitsministerium offiziell mit der Betreuung der Kleinsiedler beauftragt. Wie fast alle Vereine dieser Zeit der Gleichschaltung, konnte sich auch dieser Verein nicht der nationalsozialistischen Ideologie verschließen, auch wenn er seinem Zweck – Betreuung der Siedler – stets treu blieb. Der Bundesleiter wurde 1942, sein Stellvertreter 1944 seiner Ämter enthoben.
Nach dem Zweiten Weltkrieg herrschte wieder schlimmste Wohnungsnot. In den zerbombten Städten mussten nicht nur die Einheimischen, sondern auch Ströme von Flüchtlingen und Vertriebenen untergebracht werden. Der Deutsche Siedlerbund existierte nicht mehr, allerdings blieben viele Gemeinschaften bestehen. Auf dieser Basis konnte der Verband neu organisiert werden. Ministerialdirigent Wilhelm Gisbertz, der sich seit 1925 als Leiter des Ressorts für Kleinsiedlungs- und Kleingartenwesen im Reichsarbeitsamt und nach dem Krieg als Leiter der Siedlungsabteilung im nordrhein-westfälischen Ernährungsministerium der Anliegen der Siedler angenommen hatte, wurde 1946 der erste Vorsitzende des sich reorganisierenden Deutschen Siedlerbunds, zunächst nur für die britische Zone. Dem „Ersten Deutschen Siedlertag“ am 3. Oktober 1952 in Bonn schloss sich anderntags die Mitgliederversammlung der selbständigen Siedlerbünde von neun Bundesländern an, die den Deutschen Siedlerbund als „Gesamtverband deutscher Siedlerbünde“ gründeten und Gisbertz im Amt bestätigten. Schließlich war 1956 mit dem Beitritt der letzten westdeutschen Siedlerbünde der organisatorische Aufbau vorläufig abgeschlossen.
Wegen der Aufteilung in vier von den Alliierten kontrollierten Zonen und der späteren Teilung in Bundesrepublik und DDR entwickelten sich die neuen Strukturen und auch die Zwecksetzung uneinheitlich. Während im Westen der Siedlerbund auf Bundesebene neu gegründet wurde, schlossen sich die Siedlergemeinschaften der DDR nach Integration im Freien Deutschen Gewerkschaftsbund (FDGB) 1949 im eigens am 29. November 1959 in Leipzig gegründeten „Verband der Kleingärtner, Kleinsiedler und Kleintierzüchter“ (VKSK) zusammen. Wesentliches Ziel der „Siedlersparte“ im Osten war die Produktion von Gartenfrüchten und Zucht von Kleintieren, nicht nur für die Selbstversorgung, sondern auch zur Versorgung der Bevölkerung. Satzungszweck des Siedlerbundes im Westen war die Förderung des Kleinsiedlungswesens, die Schaffung von Wohneigentum für jedermann.
Bis zur sogenannten „kleinen Wiedervereinigung“ war auch das Saarland von der Westdeutschen Entwicklung abgeschnitten. Die nach dem Zweiten Weltkrieg eingesetzte französische Militärregierung achtete sorgsam darauf, dass Deutschland keinen Einfluss nehmen konnte. Daher waren alle Vereine gehalten, eigenständige Verwaltungen aufzubauen. Der 1950 gegründete saarländische Siedlerbund kam erst im Jahr 1956 – nach der Volksbefragung vom Herbst 1955 und noch vor der politischen Vereinigung des Saarlandes mit der Bundesrepublik (1957) – zum Bundesverband.
Nach der politischen Wende von 1989 und der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990, in deren Zuge auch die ursprünglichen Länder in ihren früheren Grenzen wiedererrichtet wurden, schlossen sich in den Jahren 1990 und 1991 die Siedlerbünde und Gemeinschaften der neuen Bundesländer dem Deutschen Siedlerbund e. V. – Gesamtverband für Haus- und Wohneigentum – als Dachverband an. Vorangegangen waren Diskussionen und Neustrukturierungen innerhalb der ostdeutschen Verbände und intensiver Kontakt mit den westlichen Landesverbänden und dem Bundesverband.
Nach den ersten Jahren unter einem Dach wurde ein zeitgemäßes Grundsatzprogramm debattiert und 2001 beschlossen. Wesentlich ist das Bekenntnis zur sozialen Dimension des Wohneigentums:
„Wohneigentum ist als erleb- und gestaltbares Vermögen besonders geeignet, Eigeninitiative, Selbstverantwortung und Selbstbewusstsein zu entwickeln; es schützt vor den Wechselfällen des Wohnungsmarktes und trägt wesentlich zur materiellen Absicherung der Bürger in einem freiheitlichen und sozialen Rechtsstaat bei. Die eigene Wohnung ist nicht nur eine Voraussetzung für die Identitätsbildung, sondern auch für die Fähigkeit zum sozialen Miteinander.“
Gerade Bürgern, die „nur“ durchschnittlich oder auch unterdurchschnittlich verdienen, einen Zugang zum selbstgenutzten Wohneigentum zu verschaffen, ist der unveränderte Kern der Aufgaben des Verbands Wohneigentum. Zu diesem Zweck werden Gespräche mit Politikern sowie Verbänden, die eine ähnliche Zielsetzung haben, geführt.
Darüber hinaus versucht der Verband, die Öffentlichkeit für seine Ziele zu interessieren. Ebenso werden die Vorstellungen und Forderungen des Verbands zugunsten des Wohneigentums in die Kommunen und Landtage eingebracht.
Auf der anderen Seite gehört die Beratung und Unterstützung der Mitglieder zum selbstverständlichen Alltag des Verbands, eine Aufgabe, die von den Landesverbänden und Gliederungen übernommen wird. Von Rechtsberatung bis Gartenfachberatung, von Organisation der Gruppenselbsthilfe bis zum Versicherungsschutz für Haus und Grund bemüht sich der Verband, den Bedürfnissen der selbstnutzenden Wohneigentümer gerecht zu werden.
Aus der Notgemeinschaft wurde eine Generation des Wiederaufbaus, aus den Kleinsiedlern wurden Eigenheimer. Es ist eine Entwicklung vom „Siedeln“ zum „Wohnen“ zu konstatieren. Der Name „Deutscher Siedlerbund“ war im Laufe der Zeit von Außenstehenden immer weniger verstanden worden. Und er entsprach auch nicht mehr dem Selbstverständnis des Verbands.
Nachdem bereits 1995 der Satzungstext den modernen Gegebenheiten angepasst wurde und der Deutsche Siedlerbund seitdem nicht mehr die „Kleinsiedlung“ förderte, sondern das „selbstgenutzte Wohneigentum“, war es an der Zeit, den Verbandsnamen entsprechend zu wählen. Am 15. Oktober 2005 hat die Bundesdelegiertenversammlung mit übergroßer Mehrheit für den neuen Namen gestimmt: Verband Wohneigentum e.V.
In Zeiten der Not als Selbsthilfebewegung entstanden hat sich der Verband, das heißt auch seine Landesverbände und Gliederungen, durch die Zeiten hindurch gewandelt. Der wohnungspolitische Schwerpunkt der bundesrepublikanischen Regierung der 1950er Jahre lag in der Wohnbauförderung, in den 1970er Jahren verfolgte man das Ziel der Stärkung von Vermögensbildung und Verbesserung der Wohnqualität.
Seit der Jahrtausendwende lauten angesichts der demografischen und globalwirtschaftlichen Entwicklung die Schlagworte Stadtentwicklung, familiengerechtes Wohnen und Wohneigentum als Säule der Altersvorsorge . Der Verband hat sich stets den jeweiligen Herausforderungen gestellt.